Samstag, 1. Dezember 2007

La vie mélancholique...

Warum erscheint uns das Leben immer dann am Traurigsten, wenn wir schöne Momente erleben?

Mir geht es ständig so, aber nun ist dies umso stärker, da die kostbaren Momente so selten und flüchtig geworden sind.

Oh ja, mein Job ist Klasse, macht mir grossen Spass.

Aber ich lebe nun allein auf dieser Insel am Rande Europas. Anfangs hat mich die Euphorie noch getragen, nach unzähligen erfolglosen Bewerbungen und Stütze endlich einen Job (und dazu noch bei so einer tollen Firma) gefunden zu haben. Und, man sagt es sich immer gern, man KÖNNTE ja jederzeit "mal eben" nach Hause fliegen.

Dass die Realität dann eben anders aussieht, wird mir schmerzlich bewusst bei meinem kurzen Heimatbesuch dieses Wochenende. Wie einsam ich mich die letzten Monate teilweise gefühlt hatte (noch verstärkt durch die Abwesenheit meiner Frau) wird mir jetzt erst so richtig klar, da ich "zu Hause" bin und mich im Schoss der Familie verwöhnen lasse. Übermorgen wartet der Flieger gen Dublin schon auf mich, übermorgen, dass ist "gleich um die Ecke".

Dann geht es wieder weiter mit meinem 12-Stunden-Tag, überteuerten Preisen, die das Lebensniveau auf Sozialhilfeempfänger-Niveau senken, und eben der Sehnsucht nach Freunden und Familie.

Im Sommer klang das noch anders, da hab ich verschmähend und trotzig auf "Deutschland" gespuckt, dieses geliebt-gehasste Land, welches mir Brot und Ausbildung, aber keine würdevolle Arbeit geben wollte.

Nun vermisse ich dieses "Deutschland" ja nicht, sondern einige Menschen und Ecken, in denen die Erinnerungen leben an schöne Zeiten und gemeinsam erlebtes.

Fortgehen... es wird wohl niemals einfach werden, v.a. nicht wenn man ein stets so rückwändig blickender Mensch ist wie ich.

Gerade bin ich dabei, CDs in mein iTunes zu packen, und bin dabei über einen anderen "alten Kameraden" gestossen, auf Wenzel.

Wenzel ist ein Liedermacher aus dem Osten. Der Osten, von dem ich so wenig weiss, hat für mich zwei brauchbare Dinge in die Republik gebracht: den grünen Pfeil und Wenzel.

Damals 2001 in Kyôto hatte mich mein alter Freund Mattias auf diesen Barden aufmerksam gemacht, und mir eine Kompilation geschenkt, die mir auch heute noch viel bedeutet. Die letzten Monate verstaubte der gute Wenzel mit meinen restlichen CDs in den Tiefen der Regale.

Doch da wir bei der Arbeit auch Musik hören können und uns firmenweit über iTunes vernetzen, hab ich inzwischen meine gesamte CD-Sammlung auf den Rechner geladen, und da ist die eine oder andere fast schon in Vergessenheit geratene Perle wieder aufgetaucht. Wenzel gehört auch dazu.

Und sein Lied "Jena und Greiz" passt so sehr zu dieser melancholischen Stimmung, aus der heraus ich gerade auf mein Leben blicke, dass ich hier noch den Text bringen muss:

 


 


Jena und Greiz




Müd zwischen Jena und Greiz,
vermisste ich Deinen Reiz,
im Radio das einerlei,
auf der Autobahn nachts um halb zwei.



Bin ein Narr, immer fahre ich fort.
Komme niemals, nie ganz hinterher.
Keiner hört, keiner spricht ein Wort.
Und der rechte, rechte Platz bleibt leer.



Ich will nicht zurück, keinen Deut.
Selbst die Autobahn zwingt mich in die Spur.
Und mich überholen die Leut –
schnell und stolz, wohin wollen sie nur?



So als wärs aus Glitzerpapier,
in den Himmel ein Flugzeug stieg.
Ich weiss, nicht sehr weit von mir,
beginnt grade wieder ein Krieg.



Wohin, woher ich auch kam,
ich bliebe am Liebsten stehn.
Es wächst still mein machtloser Gram,
man kann es an mir sehn.


Das ist das uralte Lied.
Man singt es immerdar.
Alles, was noch geschieht,
wird schlimmer sein als was war.

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