Montag, 28. Januar 2008

Endlich Kultur!

Nach fünf langen Monaten habe ich nun endlich mal einen "kulturellen Hafen" gefunden. Und richtig interessante Iren kennen gelernt! Es wurde ja auch langsam Zeit! :-)

Meckerte ich in meinem letzten Beitrag noch arg rum über die Ir(r)en, so darf ich nun endlich etwas schöneres berichten: es gibt sie noch, die interessanten Iren!

Da ich für meinen Vater auf der Suche nach Kontakten zu Märchenerzählern bin, bin ich ja "gezwungen", mich mit solchen Zeitgenossen zu treffen. Der Zufall kam in Form einer irischen Kollegin daher, welche mir kurz nachdem ich ihr von meiner Suche erzählte berichtete, sie habe eben erst eine sehr interessante Märchenerzählerin kennen gelernt.

Diese heisst Clare Murphy und wohnt und wirkt leider in Galway, also an der irischen Westküste.
Aber zum Glück gibt es ja Email, und so entspannte sich langsam ein Kontakt. Am 10. Januar nun war Clare zu Gast bei den "Dublin Yarnspinners", einem Verein von Märchenfreunden hier in der Stadt.
Clare hat die 30 überschritten, wirkt aber noch wie Mitte 20; sie ist eine wahnsinnig temperamentvolle, energiegeladene Erzählerin, die ihre Geschichten grossartig rüberbringt.

Der Abend bei den "Garnspinnern" ("Dublin Yarnspinners") war sehr abwechslungsreich. In Irland scheint es in allen "größeren" Städten solche Yarnspinner-Treffen zu geben. I.d.R. trifft man sich einmal im Monat (hier in Dublin jeden zweiten Donnerstag eines Monats) und es werden Geschichten erzählt. Manchmal (wie am 10.1.) ist ein "offizieller Gast" geladen, oft erzählen aber einige der regelmässigen Teilnehmer. Ich denke mal, dass es recht informell läuft und genügt, die Organisatoren ein paar Tage im voraus darüber zu informieren, dass man eine Geschichte vorbereitet hat. Dabei hat die Thematik zwar nicht gezwungenermassen  aus dem Bereich der "klassischen" Märchenstoffe zu stammen, tut es aber meistens. Das Niveau der Darbietungen schwankt daher auch von Mal zu Mal und es ist schwer kalkulierbar, ob einem ein berauschender oder eher ein enttäuschender Abend bevorstehen wird.

Wie dem auch sei, ich hatte meinen Spass. Clare als "Haupt-Act" war beeindruckend, sie fing den Abend mit Variationen zweier klassischer Stoffe aus der irischen Mythologie an, wobei sie die Geschichten aus der weiblichen Perspektive erzählte.

Nach einer Pause und einem - eher traurigen - Zwischenspiel durch einen Erzähler, den "untalentiert" zu nennen noch ein Lob wäre, kamen Geschichten aus anderen Kulturkreisen an die Reihe, nämlich von den Inuit und aus dem orientalischen Raum.

Ausser den Geschichten war das Schöne an diesem Abend, endlich interessante Leute kennen zu lernen. Man saß hinterher noch beim Bier beisammen und es entspannte sich ein Gespräch über Mythologie. Bei dieser Gelegenheit lernte ich noch einen Erzähler kennen, der in Dublin Erzähl-Events der anderen Art organisiert. Coilìn ist der Organisator des "Narrative Arts Club", der sich auch einmal monatlich (z.Zt. im sehr stilvollen, viktorianischen "Central Hotel") trifft. Coilìn ist Vertreter der eher "selektierten" Erzählabende. Will heissen: er hat (hehe, ähnlich wie Google) die "user experience" im Blickfeld. Soll heissen, bei ihm kann nicht jeder und schon gar nicht spontan erzählen. Will man bei Coilìn auftreten, muss man entweder schon ein gewisses Renommé besitzen oder aber in einem der von ihm angebotenen Workshops gezeigt haben, dass man auch in der Lage ist, das Publikum zu unterhalten (und nicht abzuschrecken).

Am Samstag den 12.1. war ich dann auch gleich beim "Narrative Arts Club" zu Gast. Wie schon der Name sagt, beschränkt man sich dort ganz und gar nicht auf Märchen, sondern alles, was irgendwie mit den erzählenden Künsten zu tun hat, darf hier vorgetragen werden - auch selbst geschriebenes oder erlebtes - die Professionalität muss halt stimmen.

Der Abend war als "Mehrgänge-Menu" strukturiert. Die Gäste bekamen "Speisekarten" mit Vor- und Hauptspeisen, Side Dishes und Desserts ausgehändigt und so konnte das Publikum sich die Geschichten selbst zusammenstellen. Erzählt hatte an diesem Abend ausschließlich Coilìn selbst, mit der Ausnahme eines Gastes, der unglaublich eindrucksvoll und poetisch aus seiner Zeit als Tiefseetaucher berichtete und von einem Unfall, den er damals nur knapp überlebte.

Natürlich hatte ich auch für meinen Vater Werbung gemacht, und so wird Coilìn aller Voraussicht nach im März, wenn meine Eltern uns besuchen werden, den Hotelraum für eine Vorstellung buchen, die dann nur meinem Vater als Bühne dienen wird.

Es wird voraussichtlich der 12.3.08 sein. Interessenten aus Deutschland sind natürlich herzlich eingeladen, müssten aber Ihren Dublin-Aufenthalt gänzlich selbst organisieren, da unsere Wohnung dann schon belegt sein wird...

Wie dem auch sei, endlich tut sich etwas: das Kennen lernen von interessanten Personen AUSSERHALB des Kollegen-Kreises bedeutet für mich endlich, auch ein "Leben" ausserhalb der Firma zu haben sowie das Gefühl, hier etwas "angekommen" zu sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen