Sonntag, 6. Januar 2008

Sylvester 2007 – Was lange währt... oder „Von nun an gehts bergauf“

Jahresrückblicke sind gerade ja allerorten.

Im irischen TV lief heute den ganzen Abend eine Sendung mit den „Highs“ und „Downs“ des Jahres 2007 für Irland.


Das war mal wieder einer der Momente, in denen man merkt, dass man mitten im Auenland lebt, unter Hobbits.


Haupt-Concerns sind Dinge wie steigende Hypothekenraten, bewaffnete Bandenkriminalität und Drogenschmuggel (ein Novum hier), der Drogentod des weltbekannten irischen Models Kathy French (hä? Hab ich vorher auch nie von gehört...) und als „der wichtigste Moment irischer Geschichte in 2007 von geradezu weltgeschichtlichem Ausmass“ wurde der Handschlag von Bertie Ahern und einem Al-Quaida...äh...IRA-Dinosaurier in Berties Residenz im Phoenix Park bezeichnet.....


...also wenn DAS nicht die Insel der Unwissenden Seeligen ist, dann weiss ich auch nicht... J


 


Also, Jahresrückblick... am 31.12.2006 war ich in Holzgerlingen und verbrachte die ersten Minuten des neuen Jahres zusammen mit meinen Nachbarn auf der Gartenstrasse, dazu schlechter amerikanischer Sekt (vom Nachbarn, naturellement!) und was gesprochen wurde, weiss ich nicht mehr.


Ich weiss nur noch, dass es kalt war und mein alter Golf II vor dem Küchenfenster stand. Der Abgabetermin für die Magisterarbeit war noch über zwei Monate entfernt, und ich hatte gerade erst den „Starter-Kurs“ für Hartz-IV-Empfänger absolviert, den jeder, der im Landkreis Böblingen in die unglückliche Lage kommt, in dieses Abhängigkeitsverhältnis von geistig und seelisch unterbelichteten Bürokratiemonstern zu gelangen, zu absolvieren hat.


Der Hartz-IV-Kurs bestand aus einem dreitägigen Pflichtprogramm, während welchem uns ein dümmlicher Bengel von gerade einmal 22, 23 Lenzen versuchte, bei der Erstellung von Lebensläufen „behilflich“ zu sein (der „Lehrer“ war der jüngste Teilnehmer dieser Horrorveranstaltung). Die restlichen Teilnehmer bestanden zum Großteil aus verwirrten Ehefrauen arbeitsloser Immigranten, die dank der neuen Rechtsprechung nun auch zu „arbeitssuchenden“ erklärt worden waren und daher auch den ganzen Schwachsinn über sich ergehen lassen mussten.


Ich erinnere mich noch an den etwas verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht des „Lehrers“, als er meinen Lebenslauf las. Alles was er sagen konnte, war: „Was machen Sie eigentlich hier?“ „Das frag ich mich auch schon die ganze Zeit“ war alles, was ich antworten konnte, unter dem zustimmenden Gelächter aller Teilnehmer.


Das liegt jetzt gerade mal ein gutes Jahr zurück – es scheint mir Welten in der Vergangenheit zu liegen.


Sylvester 2006... da hatte ich schon ca. 30 schriftliche Bewerbungen verschickt und nur Absagen kassiert. Da bewegte sich mein Leben zwischen dem Schreiben der Magisterarbeit, einem Minijob bei der Caritas in Tübingen und der Ungewissheit, in welcher Richtung es denn nun weitergehen sollte.


Es war erst an Ostern 2007, als ich meinen Lebenslauf auch auf Englisch ins Internet stellte und meine Jobsuche auf Großbritannien, Irland, Frankreich und die Benelux-Staaten ausweitete. Zwei Tage später war die Email von Google im Posteingang – eine Recruiterin war auf mich aufmerksam geworden.


Von da an dauerte es noch fast vier Monate, bis ich die Zusage in der Tasche hatte.


Zunächst waren diverse Unternehmen in Irland und England auf mich aufmerksam geworden. Kein Tag verging, an dem nicht irgendein Recruiting-Büro mich anrief oder –schrieb. Meist waren es jedoch absolut unterbezahlte Sklavenjobs (in Callcentern!), von denen wir nie hätten überleben können – Hartz IV wäre ein höherer Lebensstandard gewesen!


Dennoch machte ich das Spielchen eines „Assesment Center“ bei Kimberley-Clark in Brighton mit, obwohl es von vorneherein klar war, das deren Gehalt nicht einmal zum Überleben reichen würde. Eine japanische Lebensmittelimportfirma in London hatte ebenfalls Interesse, es war der Job eines Account Managers zu vergeben. Am Schluß konnte ich sogar wählen, welchen Job ich annehme: London oder Dublin.


Im August war es dann endlich soweit – Zusage Ende Juli – und wir zogen nach Irland. Es ging Schlag auf Schlag, nach der Zusage blieb kaum Zeit, alles zu organisieren.


Die ersten 30 Tage im Firmenappartement, und danach hatten wir unsere kleine Bleibe in Sutton gefunden.


Arbeitsmässig war viel los, die Probezeit war (und ist!) Ausbildungszeit. Es wird noch bis ca. März dauern, bis ich den Job, für welchen ich eigentlich eingestellt wurde, auch tatsächlich ausüben werde. Wow!


So und dieses Sylvester? Es als "ruhig" zu bezeichnen wäre noch untertrieben gewesen. Wir waren - auch mangels Alternativen - zu Hause geblieben und natürlich lief der Fernseher. Schaltete man auf die britische BBC, konnte man Bilder von London sehen, voller Menschen und Parties, und nach dem Countdown gab es ein gewaltiges Feuerwerk. Im irischen RTE war hingegen nix los. Die zwei Puppen-Lästerer „Podge and Rodge“ hatten in einer Talkshow Gäste (u.a. Miss Ireland 2007), welche sie mit Spott überzogen und um Mitternacht verwandelte sich das Studio kurzfristig in einen Saal tanzender Kobolde. Kein Feuerwerk, nichts.


 Auch im „real life“ war hier in Sutton nichts los. Lichter brannten in den Wohnzimmern, aber kein Mensch war auf der Straße. In der Ferne hörte man ein paar Böller, und eine Rakete habe ich gesehen. In Irland ist „wildes Feuerwerk“ verboten, in den Supermärkten wurde auch kein Feuerwerksmaterial verkauft. Bei den kranken Jugendlichen hier im Land vielleicht auch besser so – würde hier Feuerwerk verkauft werden, wär man wahrscheinlich schon Wochen vor Sylvester auf den Strassen nicht mehr sicher. Echt krank die Leute hier.


 So verbrachten wir ein denkbar ruhiges Sylvester, ein bisschen Sekt, etwas Lachs und „Terinne Bretonne“ – passender Abschluß eines doch sehr hektischen Jahres.


 Wie ich nun erfuhr, ging es den über den Jahreswechsel in Irland  gebliebenen Kollegen nicht anders. Die meisten waren auf irgendwelchen Privatparties (alles Kollegen - nein danke!) gewesen. Auch in den Strassen Dublins war wohl nichts los, was man als "Sylvesterstimmung" hätte beschreiben können. Klar, Horden von Menschen, die meissten betrunken. Aber ausser etwas Kirchengeläut keine weiteren akustischen und auch keine optischen Reize. Nunja...

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