Samstag, 24. Mai 2008

"SPIEGEL Online" oder "Zensur ist wichtiger als Meinungsfreiheit"

Schon lustig, wie wenig man sich heutzutage noch in Diskussionen zu Artikeln z.B. auf Spiegel-online streiten darf.

Ich persönlich bin ja ein großer Freund des (verbalen) Streitens, ich halte die Streitkultur für eine Errungenschaft der abendländischen Kultur.

Der Spiegel, der ja mal eine unbequeme Fragen stellende, gesellschaftskritische Zeitung war, in letzter Zeit aber zum Boulevardblättchen verkommt (v.a. in seinem Online-Angebot), scheint von Streit nicht viel zu halten.

Als mich ein Freund heute auf einen interessanten Spiegel-Artikel aufmerksam machte, der darüber berichtete, wie viele türkischstämmige Deutsche aus Gründen der Diskriminierung Deutschland den Rücken kehren (u.a. weil sie bei höherer Qualifikation dennoch schlechtere Jobaussichten in Deutschland haben als Lieschen Müller), stürzte ich mich im Eifer des Gefechts in die Artikel-Diskussion. Schnell waren die Rassisten unter den Diskutanten ausgemacht und einer hatte sich extrem rassistisch geäussert: die angeblichen "überqualifizierten Ausländer" seien ja nur die Ausnahme, da die meisten Ausländer aus Ländern wie der Türkei ja Arbeiterkinder seien. Und da sich Intelligenz vererbe, könne es ja gar nicht viele intelligente Immigranten geben....

Ich habe diesen Typen als "Exponenten des doitschen Schweinehundes" beschimpft und als üblen Rassisten. Für kurze Zeit musste meine Antwort auch im Forum lesbar gewesen sein, gab mir einer der Diskussionsteilnehmer recht bezüglich meines Rassismus-Vorwurfes. Leider ist sowohl der Artikel des Übeltäters als auch meine Antwort inzwischen von den Forums-Moderatoren entfernt worden.

Bei aller Liebe zu "heiler Welt" - sie ist nicht heil, diese kranke Welt. Und ich halte es für bedenklich, Forumshygiene zu betreiben die jeden Streit zwischen Menschen unterschiedlicher Meinung sofort löscht. Ohne Streitbewusstsein, ohne die Bereitschaft, zu seiner Meinung zu stehen und Rassisten zu beschimpfen sobald sie sich zeigen - was für ein Geisteszustand wird da denn letzlich erzeugt?

3 Kommentare:

  1. Eigentlich wollte ich mich mal in Ruhe hinsetzen und alle deine Blog-Artikel, die mich interessierten, in Ruhe nochmal durchlesen und kommentieren...

    ... aber da ich den Spiegel Online-Artikel und die zugehörige Diskussion selber verfolgt habe (weil er mich am Rande tangiert), sag ich lieber gleich was dazu. Die "Forumshygiene", wie du sie nennst, sehe ich dabei eher pragmatisch.

    Eigentlich wird, wenn das Thema stimmt oder zumindest entsprechend umgedeutet werden kann, in jeder Kommentarspalte die archetypische Diskussion aufgespannt, ob jetzt bei Spiegel Online, bei web.de, bei Online-Auftritten von Lokalzeitungen, in diversen einschlägigen oder sogar themenfernen Blogs. Godwin's Law umgemünzt. In aller Regel werden die entsprechenden Diskussionen früher oder später von Trollen durchsetzt und am Ende auch dominiert.

    Daher kann ich es verstehen, wenn man als Betreiber einer Diskussionsplattform nicht alles auf seinen Seiten stehen haben will oder auch kann (rechtlich - die Betreiber können haftbar gemacht werden, siehe call-in-tv.de oder stefan-niggermeier.de).

    Diese elendigen Austausche von Scheinfakten und kaum verhohlenen Ressentiments sind für mich in all ihrer Redundanz und Sinnlosigkeit nichts, was es wert wäre, eine "Diskussion" genannt zu werden.

    Ganz ehrlich: in deinem Fall sieht das nicht viel anders aus. Wahrscheinlich war dein Eintrag berechtigt, ein wertvoller Diskussionsbeitrag war er aber wohl nicht. Da dann gleich von Meinungsfreiheit und Zensur sprechen zu wollen finde ich ein paar Etagen zu hoch gegriffen - ich glaube, dass deine düster anklingende Diagnose im letzten Absatz allein von diesem einen Beispiel aus keine ausreichende Grundlage hat. Aus anderen Beispielen kannst du das besser ableiten. Ich zum Beispiel finde die wesentlich restriktiver vorgehenden Moderatoren bei Politically Incorrect einen wesentlich dramatischeren Fall.

    Zumindest als ich den Thread gelesen habe, waren alle Meinungen in unterschiedlichen Ausprägungen und mit unterschiedlich klug und begründet geführten Argumentationen noch vorhanden.

    Nicht falsch verstehen: in meinen übelsten Momenten würde ich diesen Rassisten und Xenophoben gerne den Schädel zermalmen, du hast da meine Sympathien. Aber bisschen tiefer stapeln hilft, diese Diskussionen wenigstens so lange wie möglich auf einem halbwegs anständigen Niveau zu halten (lieber entarten sie später als früher, oder?) - und nicht sofort ein Klima zu schaffen, in dem man sich fröhlich gegenseitig beleidigt.

    Zwotens sind solche Diskussionen übrigens wenig überraschend durch die Anonymität der Beteiligten einfach zu anfällig, irgendwann zerredet zu werden. Im Internet kann man solche Angelegenheiten in der Regel nicht diskutieren.

    Summa summarum: deine Rage kann ich sehr gut verstehen, aber ich glaube, dass du sie falsch adressierst. Die Frage der Zensur und des Umgangs mit der Meinungsfreiheit im Verhältnis zu anderen Freiheiten im Internet ist eine akute, aber dein Beispiel ist wenn überhaupt, dann sehr geringfügig.

    Sorry, dass mein erster Kommentar nicht positiver war ;-). Aber ich habe so das Gefühl, dass du diese Art der Reaktion trotzdem schätzen kannst.

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  2. Ach du meine Fresse, muss natürlich "Niggemeier" und nicht "Niggermeier" heißen... hehe, meine latente Ausländerfeindlichkeit scheint durch, ich sollte mich dringend selber abschieben gehen :-)

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  3. Und mit dem "Thread" im Absatz drei drunter meine ich den entsprechenden Forenthread bei Spiegel Online. Ich muss mir dringend angewöhnen, die Texte noch einmal gegenzulesen, mäh.

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